Tag der Landwirtschaft sucht Wege aus der Krise

Tag der Landwirtschaft sucht Wege aus der Krise

Stapelfeld, 07.10.2022 – Aktuell beschäftigen eine Vielzahl an Krisen und Problemen die Menschen und auch die Landwirtschaft in der Region und darüber hinaus. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die Folgen des Klimawandels und die steigenden Preise für Energie und Lebensmittel stellen neue Herausforderungen dar. Die Landwirtschaft hat neben steigenden Energiekosten zusätzlich mit wegbrechenden Absatzmärkten und einem veränderten Konsumverhalten zu kämpfen.

Aufgrund dieser Entwicklungen stellte die Katholische Akademie Stapelfeld (KAS) den „2. Tag der Landwirtschaft“ unter das Motto „Energie und Ernährung: Landwirtschaft in Krisenzeiten“.

Der Akademiedirektor Pfarrer PD Dr. Marc Röbel, der gemeinsam Dr. Franziska Zumbrägel als Leiterin des Fachbereichs Natur, Ökologie und Schöpfung zu der Veranstaltung eingeladen hatte, machte in seinen Begrüßungsworten deutlich, dass die Landwirtschaft die Region auf vielfältige Weise mitgeprägt und mitgestaltet habe. Aktuell stelle sich die Frage, wie in der Landwirtschaft Ökologie und Ökonomie in Einklang gebracht werden könne, damit sowohl die Natur als auch die landwirtschaftlichen Familienbetriebe auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleiben, so PD Dr. Röbel. Krisen könnten jedoch auch Potenziale freisetzen und neue positive Entwicklungen anstoßen, machte der Theologe deutlich und lud die Anwesenden ein, über diese Entwicklungschancen gemeinsam nachzudenken.

In seinem Grußwort machte Weihbischof Wilfried Theising als Schirmherr und Gastgeber deutlich, dass der Tag der Landwirtschaft eine wichtige Veranstaltung sei, die aktuelle Probleme thematisiert und in die Öffentlichkeit trägt. Der Weihbischof erinnerte daran, dass die Landwirtschaft wichtig für die Ernährung der Bevölkerung sei und sah in der Veranstaltung einen guten Weg, um intensiv über die aktuellen Krisen zu diskutieren und Perspektiven für die Zukunft aufzuzeigen.

Gastreferent Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, zeigte in seinem Vortrag zunächst die Herausforderungen auf, vor der die Landwirtschaft aktuell steht. Als Folge des Ukraine-Krieges sei es zu erheblichen Turbulenzen auf dem Agrarmarkt mit einem Preisanstieg für Tierfutter, Energie und Düngemittel gekommen. Außerdem habe die Klimakrise in den vergangenen Jahren für immer neue Hitzerekorde und langanhaltender Dürre gesorgt. Auch im Blick auf den Verlust von Artenvielfalt müsse sich die Landwirtschaft mit einer kritischen öffentlichen Diskussion auseinandersetzen. Eine weitere wichtige und generationenübergreifende Herausforderung sei der Klimaschutz durch Moorbodenschutz. Hier steht die Landwirtschaft vor einem tiefgreifenden Transformationsprozess, betonte Ludwig Theuvsen. Mit Blick auf das zum Teil negative Bild der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit machte er deutlich, dass die Landwirtschaft hier aktiv werden müsse. „Solange wir Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln und Nitrat im Grundwasser finden, so lange werden wir eine Diskussion über die Landwirtschaft und ihre Umweltwirkung haben. Also lassen sie uns da einander an den Händen fassen und sagen, das machen wir gemeinsam besser“, so Staatssekretär Theuvsen. Der Referent zeigte aber auch zukünftige Perspektiven und Chancen für die Landwirtschaft auf. Er verwies auf den Niedersächsischen Weg, der Vorschläge und Konzepte entwickelt hat, um die Konflikte zwischen der Gesellschaft und der modernen Landwirtschaft zu überbrücken. Der Niedersächsische Weg wurde von Akteuren aus Politik, Landwirtschaft und Umweltschutz erarbeitet. In der daraus resultierenden Vereinbarung verpflichten sich alle Beteiligten konkrete Maßnahmen für einen verbesserten Natur-, Arten- und Gewässerschutz umzusetzen.

Zwischenzeitlich konnten die anwesenden Gäste Fragen formulieren, die Eingang fanden in die anschließende Diskussionsrunde mit Prof. Dr. Ludwig Theuvsen, Dr. Johannes Wilking, Kreislandwirt und Vorsitzender des Kreislandvolkverbandes Vechta und Hans-Joachim Harms, langjähriger Kammerdirektor der Landwirtschaftskammer Niedersachsen und seit 3 Jahren Fachbeiratsvorsitzender des Verbunds Transformationsforschung agrar Niedersachsen (trafo:agrar) an der Universität Vechta.

Johannes Wilking, der auch im Referat Regionale Einbindung an der Universität Vechta mitarbeitet machte deutlich, dass die Stimmung in der Landwirtschaft aktuell sehr schlecht sei. Viele Landwirte vermissen Planungssicherheit und sind unsicher, ob die nachfolgenden Generationen noch eine Zukunft in der Landwirtschaft haben. Eine kurzfristige Umstellung der Produktion sei vor allem in der Tierhaltung aufgrund der hohen Investitionskosten in vielen Fällen nicht möglich. Zum Thema Energie und Landwirtschaft: Bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen sollten seiner Meinung nach nur Flächen genutzt werden, die nicht zur Lebensmittel- oder Futtermittelproduktion genutzt werden können. Die Produktion von Lebensmitteln steht seiner Meinung an erster Stelle, um eine regionale Versorgung zu sichern und die Abhängigkeit von internationalen Importen zu verringern.

Hans-Joachim Harms verwies darauf, dass die Landwirtschaft bei der Energiegewinnung durch Windenergieanlagen oder Biogasanlagen einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung leistet. Mit Blick auf die Entwicklung im Energiesektor forderte er unter anderem ein geschlossenes Nachnutzungskonzept für Biogasanlagen, um unter anderem auch Abwärme zu nutzen und ein geschlossenes Kreislaufsystem zu ermöglichen. Staatssekretär Ludwig Theuvsen erklärte, dass sich die Rahmenbedingungen für die landwirtschaftliche Energiegewinnung in Zukunft deutlich ändern werden und machte deutlich, dass Windenergieanlagen in die Hände der Menschen vor Ort gehören, um die öffentliche Akzeptanz zu verbessern. Außerdem werden nach seinen Angaben in Niedersachsen gut die Hälfte der Waldflächen für die Windenenergienutzung geöffnet.

Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer, dass die Landwirtschaft in weiten Teilen der Gesellschaft ein großes Imageproblem habe. Es sei dringend an der Zeit, dass sie sich, ihre geleistete Arbeit und die aktuellen Entwicklungen für mehr Tierwohl und Ökologie besser in der Öffentlichkeit darstellt. Dazu soll dieses Format einen Beitrag leisten. Fest steht bereits jetzt, dass der Tag der Landwirtschaft auch im nächsten Jahr stattfinden soll.

Foto: Willi Rolfes

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